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Farbgedanken

 

Synchromie  Einführung


Juergen Opitz  Synchromie
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Juergen Opitz  Synchromie
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Synchromie – Farbklänge


Synchromie ist ein erfundenes Kunstwort und bedeutet das  “Zusammenklingen von Farben”.  Es wird sprachlich hergeleitet aus der griechischen Vorsilbe „SYN“ = „ZUSAMMEN“ und ebenfalls griech.„ CHROMA“ = „FARBE“
Es geht also um das Zusammenwirken von Farben. Die assoziative Nähe zum Begriff Symphonie ist gewollt und Programm.
„Dass ein gewisses Verhältnis der Farbe zum Ton stattfinde, hat man von jeher gefühlt“ schreibt Goethe in seiner Farbenlehre. Und um 1911-13, also vor genau einem Jahrhundert, entwickelte sich in Frankreich und USA zeitgleich ein Kunststil mit dem Namen Synchromismus mit Vertretern wie Morgan Russell und Stanton McDonald Wright.  Robert Delaunay nannte einige seiner Bilder Synchromie. Sehr bekannt sind auch die Farbklänge von Paul Klee.

In dieser Tradition sind meine bemalten Leinwände nicht als darstellende Bilder oder Abstraktionen aufzufassen sondern eher als KONKRETE Malerei, die Impulse gibt zur Entfaltung von Klangwirkungen, wie es auch die Musik durch Tongebilde erreicht.

Die 3 wesentliche Prinzipien der Synchromie sind:
1. Polychromie:   = Mehrfarbigkeit
Farben treten nie einzeln, sondern in Beziehung zueinander auf. Die Qualität der Beziehung bestimmt ursächlich ihre Erscheinung.

2. Klare Tontrennung:
Identität erfordert Abgrenzung. Beziehungen erfordern Individuen.  Ein Haus wird aus Steinen gebaut, ein Text aus Wörtern und Buchstaben, ein Melodie aus Intervallsprüngen.  Die Art und Weise, wie die Elemente zusammengesetzt sind, ist ihre Sprache und ermöglicht, den Ausdruck einer Gestaltung in vergleichender Weise zu kommunizieren.
Und dies geschieht in Komparativen: heller, dunkler, größer, kleiner, enger, weiter ....etc. so dass aus gezielter und choreografierter Verknüpfung mehrerer Attribute eine komplexe Sprache verständlich werden kann.

3. Lichtstimmung und Rhythmus:
ist der allen Einzelheiten innere Urgrund, die Einheit in der Vielfalt, die Gestalt, die Gesamtidentität, der Klang, der Flow....

In beiden Welten, Ton und Farbe, gibt es sowohl den Harmoniebegriff, der physikalisch naturgegeben auf einer einfachen, ganzzahligen Arithmetik der Schwingungen beruht als auch den Mimesis-Begriff, das gestische Nachahmen empfundener innerer und äußerer Bewegung.
Meine Malerei sucht die Memesis  im möglichst reinen und unverfälschten Ausdrucksgehalt der Farben und ihrer Kontraste untereinander. Ein gestischer oder gar haptischer Pinselduktus wäre hierzu ganz sicher nicht hilfreich. Daher die glatten und nach heutigen Maßstäben fast schon unmalerischen Oberflächen.

Im Zusammenhang mit Mimesis liegt es nahe, auch an den Begriff Synästhesie zu denken.  Das ist die Verbindung, manchmal auch zwanghafte Verbindung von Sinneserfahrungen aus verschiedenen Wahrnehmungsbereichen.  Kandinsky z.B. erlebte Trompetenton in gelb und ebenso die Form des spitzen Dreiecks.
Etwas fühlt sich an wie... ist der Kernsatz dieser Analogien.
Synästhesien sind teils sehr persönlich, teils aber auch kollektiv: z.B. „ein warmes Orange“, wobei Orange mit der kollektiven Erfahrung von Feuerglut assoziiert wird.
Jenseits dieser persönlichen oder kollektiven  Erinnerungen und daraus abgeleiteten Vorlieben und Bewertungen kann Farbe aber auch unmittelbar und  unvoreingenommen – im hier und jetzt -  erlebt werden und neue Erfahrungsprozesse anregen.

Zwischen diesen beiden Polen, Absolut und Programmatisch, neu und bekannt, bewegt sich die Synchromie-Malerei hier im Raum, sucht Essenzen vertrauter Naturfarbigkeit und wagt Anknüpfungen an bisher so nicht Gesehenes.

zur Form:
Farbe lässt sich malerisch nur darstellen und muss sich entfalten in der Fläche.  Vielfalt braucht viele Falten, damit sie sich ausbreiten und zeigen kann. Die Flächen zeigen sich also in einfachen oder verschachtelten Faltenrhythmen in einer ausbalancierten Komplexität:  Genug Flächen um nicht einfältig zu sein und nicht zu viele, damit alles noch fassbar und mit einem sanften, nicht fokussierten Blick überschaubar bleibt. So lässt sich noch eine Gesamtwirkung und Gesamtgestalt simultan erfassen.
Diese Rhythmik gibt den formalen Anlass zu Farbtonwechseln, dekliniert nach den farbigen Urbestandteilen Licht und Schatten. Diese können meist strahlenartig erlebt werden.
Oben, unten, rechts und links tun das Ihrige und sind nicht weg zu reduzierende Urprinzipien.
Diagonale Bewegungen öffnen eine weitere Dimension, die wie ein Kippschalter den Blick in ständig andere Bahnen lenkt.
In den Kreuzungen von Horizontale, Vertikale und Diagonale entwickelt sich die Magie des Farben-Mischprinzips. Anteile der einzelnen Strahlen durchwirken einander und teilen sich einander mit.
Wie Kette und Schuss in der Weberei verbinden sie sich zum Urbild der Beziehung 1+1=3

Das Wesen der Farbe offenbart sich in Beziehung.  Eine einzelne Farbe gibt es nicht, das ist eine irreführende Behauptung der monochromen Malerei und auch der Psychologie, die bestimmten einzelnen Farben diese oder jene Eigenschaft zuweist, welche im übrigen nicht umsonst oft widersprüchlich sind. z.B. Rot = Liebe - oder Wut.
Außerdem: Welches Rot genau?  Und noch präziser: Welches Rot in welchem Zusammenhang ? Mit welchen anderen Farben kombiniert, in welchem Flächenanteil, welcher Lage?
Der Buchstabe A oder der Ton C in der Musik bedeuten an sich wenig oder nichts. Erst das Wort oder die Melodie ergeben Sinn und Gestalt.

Überall, besonders in der Natur, gibt es Polychromie, ein komplexes Zusammenwirken der Farben.  Komplex – aber nicht chaotisch. Farbig aber nicht bunt. Im Farbigen der Natur deklinieren sich die Töne nach höheren Regeln, insbesondere nach der Lichtstimmung.
Die Lichtstimmung erschafft eine vereinigende Basis und Tingierung, die sich allen Lokalfarben mitteilt, so dass jede einen gewissen Anteil daran hat.  Sie ist vergleichbar mit der Stimmung der Instrumente im Orchester. Erst der gemeinsame Grundton ermöglicht das effektive Zusammenklingen.
Im Bunten dagegen zeigt sich das Chaotische und Bewusstlose.
Symphonie spendet Kraft und Erbauung, Kakophonie = Kirmesmusik ermüdet und schwächt.
In der Polychromie gibt sich jeder einzelne Farbton ganz hin an die Gesamtwirkung. Jeder steht in Beziehung zum Anderen, verändert sich und definiert sich in und aus der Beziehung.
Jeder Farbton erhält seinen ganzen Ausdruck und seine Bedeutung sowie seine ganz konkrete Erscheinung  aus seiner Beziehung zur Nachbarschaft. Jeder ist Teilnehmer am größeren Ganzen. Und dieses Ganze ist die Farb-Gestalt oder der Farb-Klang.
In der altindischen Geheimlehre der Upanishads wird die Entstehung der Welt aus dem Klang heraus erklärt. Aus dem Urklang OM (aus dem sich übrigens auch das „Amen“ entwickelt hat) wird die ganze Welt.
Klang ist die mitverursachender Träger aller Wirkungen, eine „gestimmte“ Energie.
Eine Energie die Informationen beinhaltet.
Bauplan, Barcode, DNA und Klang sind Schöpfungschiffren für Entstehendes.
Aber: Digitale Informationscodierung kennt nur 0 und 1, ja / nein, schwarz / weiß.
Farbe  dagegen setzt auf Zwischentöne.  Schon einzelne geringe Nuancenunterschiede verändern die Gesamtaussage, wie es auch oft im Gespräch der Unterton und weniger die eigentliche Textbotschaft ist, die über die Wirkung und Ausgang eines Gespräches entscheidet.  Das Denken wird ergänzt durch das Fühlen. Die  Digitale Information wird durch Analogie gefärbt und bereichert. Der Antagonismus von Licht und Finsternis, von ja und nein,  wird durch die Farbe geeint. Licht und Finsternis entfalten sich in der Farbe zum
„sowohl als auch“.
Jede Farbe hat Anteil an beiden und ihre Ausprägung ist immer eine vermittelnde Aussage über Verhältnisse: von hell zu dunkel , von aktiv zu passiv und von warm zu kühl. Dieses Hineinspüren und Abwägen kann wichtige Erkenntnisquelle sein.  Je nach Resonanz erfolgt eine Bewertung nach Zustimmung oder Ablehnung.
In den aktuell diskutierten Weltbild-Entwürfen erkennt man eine starke Tendenz zur Entmaterialisierung.  Alles ist Schwingung oder Energie und in dieser Energie ist Information, Intelligenz, Bewusstsein . Es ist - je nach Sprachvorliebe und Erkenntnisquelle-  die Rede vom kosmischen Bewusstsein, von morphogenetischen Feldern, von Quantenmechanik, von Schopenhauers Welt als Wille und Vorstellung, oder aber vom Klang als Schöpfungsprinzip.  (Diese Reihe ließe sich noch lange fortsetzen.)
Eine Grundstruktur lässt sich in allen diesen kosmologischen Entwürfen ausmachen:  Dass es ein Seinendes gibt und ein Bewusstsein, dass dieses erkennt. Beide, Objekt und Subjekt, stehen in einem sich gegenseitig bedingenden Abhängigkeitsverhältnis, denn sie erschaffen sich gegenseitig.  Das verbindende Medium ist das Resonanzprinzip, der Klang.
Kommen wir wieder zur Farbe: Die Farbe auf der Leinwand, die nicht gesehen wird, ist nicht. Und auch die Wahrnehmung ohne Inhalt ist leer und daher nicht wahr. Auch hier ist die Farbe nicht.  Die Farbe existiert also allein zwischen den beiden, dem Impuls durch den Gegenstand und dem durch Wahrnehmung bereicherten Bewusstsein.  Somit ist jegliche Farberscheinung nicht wirklich materiell und nicht rein geistig, sondern ein Vermittler zwischen beiden Welten. „Das ist das Zeichen des Bundes, den ich geschlossen habe zwischen mir und euch...“  (1. Mose, über den Regenbogen). Farbe kommuniziert Fühlinhalte zwischen Mensch und Mensch, Mensch und Welt, Schöpfung und Geschöpf.

Die Malerei ist demnach ein Halbzeug: 
Die Verwirklichung des schöpferischen Klang-Impulses der aus den Leinwänden hier hervorgehen mag liegt im Betrachter, in Ihnen,  und kann nirgendwo anders stattfinden.
Wirkung kann nur im Präsens, im aktiven Mitschwingen sein. Das zu Erkennende offenbart sich nur dem erkennenden Bewusstsein, das sich dafür öffnet und bereit ist, in Resonanz zu gehen.
Und allein in dieser Offenbarung wird aus Wirkung Wirklichkeit.


(C) 2013 Jürgen Opitz                   


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